Begegnung mit einem Bankschoner 1965 Wir hatten zwar in der Ausbildung zum Hochseefischer bereits über andere Formen der Hochseefischerei einiges erfahren, jedoch erst das eigene Erleben bzw. Sehen eröffnet einem eine ganz andere Sicht der nur gehörten Dinge. Im Sommer 1965 fischten wir mit der KELLERMANN im Gebiet vor Neufundland. Zu dieser Jahreszeit, die ja sowieso als 'Saure Gurkenzeit' bekannt war, entschloß sich die Leitung, wegen zurückgehender Fangmengen einen Fangplatzwechsel vorzunehmen. Da einige Fahrzeuge aus Cuxhaven und Bremerhaven sich auf ihren speziellen UKW- Kanälen über gute Fischerei im Norden austauschten, fiel dieser Hinweis in offene Ohren unsererseits. Diese Maßnahme des Fangplatzwechsels war zu der Zeit noch ohne große Lizenz- und Quotenfragen in den Fangleitungen möglich. Also begannen wir mit dem Dampfen zu einem als günstig erachteten Fangplatz auf dem Kabeljau erwartet wurde. Es kann Cap Chidley gewesen sein. Während eines Fangplatzwechsels erwartet man ja keine großen Ereignisse, jedoch an diesem Tag, es war ein ruhiges sonniges Wetter, glaubten wir unseren Augen nicht zu trauen, als plötzlich eine Unmenge kleiner Ruderboote mit zum Teil kleinem Mast und je einem Mann Besatzung vor uns auftauchten. Da waren sie, die portugiesischen Nomaden der Fangplätze vor Labrador und Grönland, mit ihren Langleinen. In größerer Entfernung lag das Mutterschiff, einer der berühmten portugiesischen Bankschoner . Natürlich wurde sofort die hohe Fahrt unseres Schiffes vermindert und wir drehten ab, um in diesem relativ großen Gebiet kein Unglück zu verursachen. Gehört habe ich über diese Angler, die eine ungemein schwere Arbeit zu verrichten hatten bereits des öfteren. Ihr Fanggerät bestand aus einer Langleine. Diese Hauptleine besaß im Abstand von ca. einem Meter ein Vorfach mit jeweils einem köderbestückten Haken. Solch eine Leine, die aus dünnem Stahldraht bestand, wurde auf einem anderen Fangplatz von uns beim Schleppen aufgefischt. Diese Leine muß aus irgendeinem Grund dem Angler verloren gegangen sein und bedeutete für ihn bestimmt einen beträchtlichen finanziellen Verlust. Vielleicht mußte er sie loslassen, weil ein übergroßer Fang an der Leine beim Einholen, sonst große Gefahren für sein kleines Boot mit sich gebracht hätte. Beim Entfernen der Leine, die sich im Vorgeschirr und im Tunnel verfangen hatte, kamen wir nur noch mit einem Schrotmeißel weiter. Wir mußten die Leine in handhabbare Einzelstücke kappen, um diese zusammen mit den Haken entfernen zu können. Wir haben anschließend die Leinenstücke grob vermessen und kamen dabei auf eine Länge von ca. 85 Meter. Es war hochinteressant diese Fischer in ihren kleinen leichten Booten direkt zu sehen und kurzzeitig zu beobachten. Obwohl wir sie in respektvollem Abstand passierten, war dieser Anblick schon etwas besonderes. So schnell wie sie da waren, waren sie auch wieder verschwunden als wir wieder Fahrt aufnahmen. Es war das erste und einzige Mal, dass ich ihnen begegnet bin. Jetzt da ich mich wieder mit der Hochseefischerei in Gedanken befasse, habe ich auch einiges über diese Schiffe erfahren. Der letzte portugisische Bankschoner mit Namen ARGUS hat 1974 seine letzte Fangreise gemacht. Diese Schiffe machten Reisen, von insgesamt bis zu sechs Monaten, da ausschließlich Salzfilet produziert wurde, Die ARGUS hatte bereits eine Maschine von 475 PS. Die Maschine kam jedoch nur auf Ausreise und zur Heimreise zum Einsatz. 4 Masten und ein Rigg als Stagsegelschoner mit Fockrah garantierten die Beweglichkeit auf den Fangplätzen und sparten Kraftstoff. Bei einer Schiffslänge von 76 Metern und einer Besatzung von 72 Mann wurden 52 Dories ineinandergestapelt an Deck mitgeführt. Die Angelei bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit muß fürchterlich gewesen sein. Wenn ich bedenke wie es auf dem portugiesischen Seitentrawler in St.John's aussah, möchte ich nicht wissen wie es unter Deck aussah. Nicht umsonst werden die portugiesischen Fischer als besonders widerstandsfähig und arbeitsam eingestuft. Dieser beschriebene Bankschoner wurde von einem Privatmann gekauft, als Privatyacht ausgebaut, und ist unter dem Namen POLYNESIA II wieder in Fahrt gekommen. Jetzt können es sich 126 Passagiere an Bord gutgehen lassen. Für uns ging nach Erreichen des Fangplatzes die Fischerei mit gutem Ergebnis weiter, jedoch das Bild der Dories hat mich nicht mehr verlassen, da bleibt nur die Frage wie viele der Doriefischer sind bei diesen langen Reisen eventuell gekentert und dann auf See geblieben ?
erzählt von Bernd Leverenz
FVS ROS 309”Bernhard Kellermann”
Erlebnisse 7
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